Was hat dir Helvetica heute erzählt?
Sie begegnet uns überall im Alltag. Sie winkt uns unaufdringlich entgegen von dem, in Tupperware eingepackten, Pausenbrot, der Jacke von The North Face, dem T-Shirt von American Apparel; von den Flugzeugen von Lufthansa, von Plakaten, Bildschirmen und unzähligen anderen Dingen. Sogar die Worte die Sie in diesem Moment lesen sind in der Helvetica gesetzt. Bei manchen Menschen geht die Obsession mit diesem Schrifttyp, sogar soweit, dass Tatoos von der Helvetica entstehen. Um diese Schriftart herrscht ein regelrechter Kult.
Der Grafiker Max Miedinger gestaltete sie, in Zusammenarbeit mit Eduard Hoffmann, erstmals 1956, unter dem Namen Neue Haas Grotesk. Schon 4 Jahre später wurden Matrizen für Linotype Setzmaschinen verkauft. Dann aber unter dem heutigen Namen Helvetica, einer Anpassung von „Helvetia“, der lateinische Name für die Schweiz. Von da an ließ sich der weltweite Aufstieg zur Lieblingsschrift unzähliger Menschen nicht mehr aufhalten. Dieses Jahr wird die Helvetica 60 Jahre.
In ihrer aufstrebenden Zeit, den Sechzigern, verkörperte sie die Moderne. So wie auch in der Architektur, wurde in der neuen Typografie auf jegliche überflüssigen Verzierungen verzichtet. Die Serifen, streng genommen Relikte aus der Steinschnitzerei, waren nicht mehr nötig. Es war eine neue moderne Ära angebrochen, in der schnelle und klare Kommunikation der Schlüssel war.
Gary Hustwit’s Liebe zur Helvetica ging soweit, dass der unabhängige Filmemacher, ihr einen kompletten Dokumentarfilm widmete. Der 2007 entstandene Film, „Helvetica“ ist ein eigenständiger Film über Typografie, Grafikdesign und globale visuelle Kultur. Er dokumentiert die Verbreitung einer Schrift und hinterfragt die Art und Weise wie Schrifttypen unser Leben beeinflussen. Ein sehenswerter Film, in dem auch einige Designgrößen, wie z.B. Massimo Vignelli, Stefan Sagmeister, Paula Scher und viele mehr, über ihre Arbeit, den kreativen Prozess und die Entscheidungsprozesse hinter ihrem Gebrauch des Schriftyps, sprechen.
Zu ihrem 50 jährigen Bestehen,vor 10 Jahren, bekam die Helvetica sogar eine eigene Ausstellung im MOMA (Museum of modern Art) in New York. Die Kunstinstallation bestand aus Plakaten und anderen grafischen Elementen, die die unglaublich breite Palette von Verwendungen für diese, jetzt „antike“ Schriftart, demonstrierten.
In einem früheren Artikel haben wir ein Projekt der beiden Designer, Andrea Münch und Markus Läubli, vorgestellt, die auf die Helvetica schwören und ein Jahr lang, jeden Tag ein Palttencover mit ihr gestaltet haben.
Doch neben den bedingungslosen Liebhabern gibt es auch diejenigen, die die Helvetica, gerade wegen ihrer universellen Einsetzbarkeit überhaupt nicht gerne mögen. Ihre Kritiker sehen es nicht mehr möglich mit ihr eine Aussage zu machen, dazu sei sie zu allgegenwärtig. Fest steht das die Helvetica unsere Umwelt und Kultur, wie kaum eine andere Schriftart geprägt hat.